Gunfight im Oval Office
"Wollen Sie den Dritten Weltkrieg?"

Der Hattrick der USA
Die Hinrichtung Selenskijs im Oval Office war der vorläufig letzte Akt einer genialen Strategie der USA. Sie haben auf der ganzen Linie gewonnen. Die Europäer hingegen haben das Nachsehen und bezahlen alle Rechnungen. Das vorläufige Finale fand am Freitag, dem 28. 2. 2025 statt.
Präsident Trump empfing den ukrainischen Präsidenten Selenskyj im Weißen Haus. Das Treffen eskalierte dabei völlig. Trump konfrontierte Selenskyj vor laufenden Kameras lautstark mit heftiger Kritik. Er warf ihm vor, einen dritten Weltkrieg zu riskieren und forderte mehr Dankbarkeit. Selenskyj verließ das Weiße Haus früher als geplant, eine gemeinsame Pressekonferenz gab es nicht. Ebenso entfiel die geplante Unterzeichnung eines Rohstoffabkommens.
Keine Entschuldigung Selenskijs
"Ich kann euch sagen, dass ihr die Nato vergessen könnt!" so Präsident Trump auf eine Frage zum Krieg in der Ukraine. Die lange Debatte über den Beitritt sei "wahrscheinlich der Grund gewesen, warum die ganze Sache angefangen hat." Außenminister Marco Rubio: "Und ich denke, Selenskyj sollte sich dafür entschuldigen, dass er unsere Zeit für ein Treffen verschwendet hat, das so zu Ende ging." Es habe keinen Grund für Selenskyj gegeben, derart konfrontativ aufzutreten. "Die USA wollen dem Krieg zwischen Russland und der Ukraine ein Ende setzen. Das geht nur, wenn man Russland an den Verhandlungstisch holt. Wenn man wie Selenskyj aber Kremlchef Wladimir Putin angreift, bekommt man den russischen Präsidenten nicht an den Verhandlungstisch. Selenskyj will vielleicht kein Friedensabkommen. Er sagt zwar, dass er es will, aber vielleicht will er es nicht."
Ein Lehrstück für Verhandlungskünstler
An den diplomatischen Akademien wird das Video des Showdowns zwischen Wolodymyr Selenskyj und dem Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika einst als Lehrstück dienen, was man bei Verhandlungen mit Mächtigeren keinesfalls tun sollte. Die denkwürdige Verabschiedung — mehr ein Hinauswurf — erinnert an den traurigen Song von dem einst zum Tode verurteilten Tom Dooley."....Hang down your hat, Tom Dooley..."
Kein Ja zum NATO- Beitritt
So schnell kanns gehen, wenn man sein Schicksal in die Hände der USA legt: Noch im vergangenen Jahr hatte die Nato der Ukraine zugesichert, dass sie auf ihrem Weg in das Verteidigungsbündnis nicht mehr aufgehalten werden kann. Deren Unterstützer und lokale Verbündete in Afghanistan (falls sie noch leben) können ein kummervolles Lied davon singen, was es heißt, für die Interessen der USA zu kämpfen.
Ohrfeige für die EU- Außenbeauftragte
Eine demütigende Abfuhr holte sich auch die frischgebackene EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas höchstpersönlich in Washington. US-Außenminister Marco Rubio sagte am 26. Februar ein Treffen mit Kallas ab, obwohl die frühere estnische Regierungschefin dafür von Brüssel nach Washington geflogen war. Als Erklärung wurden "Termingründe" genannt. Als mögliche Erklärung für den Eklat gilt, dass die EU zuletzt federführend war, als in der Uno- Vollversammlung eine moskaufreundliche Beschlussvorlage der US-Regierung zum Krieg in der Ukraine verhindert werden sollte.
Die Weltenherrscher zeigen ihre Macht
So etwas lässt sich der Hegemon mit neuer Starbesetzung nicht gefallen. Wie einst der fast schon verewigte Joe Biden, ist nun sein Antipode Donald das Salz dieser Erde, samt Pfeffer, Chilli und Paprika. Diese Schärfe wird in Zukunft alle diplomatischen Suppen würzen. Eine besonders heiße Bouillon ist das Gebräu rund um den Ukraine- Krieg und der damit verbundene weltpolitische Schwenk.
Der Hattrick der Amerikaner
Die Hinrichtung Selenskijs im Oval Office war der vorläufig letzte Akt einer langfristigen Strategie der USA. Diese startete bald nach dem Zusammenbruch der UdSSR, als man, gemäß dem Kalkül Zbigniew Brzezinskis einen Keil zwischen die natürlichen Partner Westeuropa und Russland trieb. Später folgte die Sprengung der Ostsee- Pipeline, welche die Versorgung durch russisches Gas erschwerte, und letztendlich der Ersatz dieser billigen Energiequelle durch teures US- Fracking-Gas, das unweltschädlich mit Riesentankern über den Atlantik geschippert wird.
Der Moskau- Beijing- Schock
Durch die US- Sanktionen, welchen sich die EU eilfertig und selbst- beschädigend anschloss, wurde Russland in die Arme Chinas getrieben. Dies ließ die Erwartungen des Westens, scheitern, Russland würde bald wirtschaftlich zusammenbrechen. Der neu entstandenen Riese war mit einemmal gefährlicher als das Brzezinski-sche Gespenst der Partnerschaft EU- Moskau.
Die Kindesweglegung
Sorgfältig verdrängt und, wie im alten Rom, aus den offiziellen "Erzählungen" gelöscht ("Damnatio memoriae, Verdammung des Andenkens") ist längst, was die eigentliche Triebfeder der russischen Aggression war: Das von den USA jahrzehntelang gefördert Vordringen der NATO an die Westgrenzen Russlands. Trotz aller Warnungen provozierte man damit das kollektive Gedächtnis und die schrecklichen Erinnerungen der Russen an Napoleon und Hitler.
Keil zwischen Russland und China
Der hektische Schwenk hin zu Russland, welchen die USA derzeit vollführen, schließt den Kreis der Strategie.
- Der teure, nicht zu gewinnende Krieg in der Ukraine wird beendet.
- Europa ist von russischen Energiequellen abgekoppelt.
- Die USA treten als teurer Ersatz und Profiteur ein.
- Die USA und Russland werden Partner auf dem Gebiet wichtiger Rohstoffe.
- Die USA sichern sich seltene Erden in der Ukraine.
- Russland wird damit, neben jenem Chinas, anstatt Europas Partner der USA.
Was bleibt den Europäern?
- Teure Energie aus Übersee
- Stagnierende Wirtschaft
- Abzuschreibende bisherige Aufwendungen für die Ukraine.
- Sündteure Sicherung der Ostgrenzen
- Hunderte Milliarden für den Wiederaufbau der Ukraine
- Eine markerschütternde Blamage vor der ganzen Welt
Ein düsteres Bild
Der deutsche ex- Außenminister Sigmar Gabriel:
„Die Vereinigten Staaten entwickeln sich ganz offensichtlich zu einem Land, das sich von den Ideen des Westens wie Freiheit, Demokratie, Menschenwürde und der Stärke des Rechts verabschiedet hat — und damit auch von der auf diesen gemeinsamen Werten gegründeten Allianz mit Europa. Frieden scheint für den US-Präsidenten zu bedeuten, Wladimir Putin die Ukraine zu überlassen. Und das Recht des Stärkeren an die Stelle der Stärke des Rechts zu setzen. Nun erleben wir, was das bedeutet: eine amerikanische Regierung, die mit dem Schurkenstaat Russland gemeinsame Sache macht. Und das könnte erst der Anfang sein.“
Deutschland, Frankreich, Polen, Großbritannien und die skandinavischen Staaten müssten in einer gemeinsamen Sicherheits- und Außenpolitik vorangehen. „Wir werden uns nur durch Stärke und Entschlossenheit Respekt bei Trump verschaffen“, so Gabriel. „Wirtschaftliche Stärke ist hier mindestens genauso wichtig wie militärische Stärke.“
Die Stärken der Einigkeit, Geschlossenheit und kompetenten Führung ließ er freilich unter den Tisch fallen. Die aber sind das Wichtigste, in derartigen Lagen.