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Klaus Woltron

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Gunfight im Oval Office

"Wollen Sie den Dritten Weltkrieg?"

Klaus Woltron

Der Hattrick der USA

Die Hinrichtung Selenskijs im Oval Office war der vorläufig letzte Akt einer genialen Strategie der USA. Sie haben auf der ganzen Linie gewonnen. Die Europäer hingegen haben das Nachsehen und bezahlen alle Rechnungen. Das vorläufige Finale fand am Freitag, dem 28. 2. 2025 statt.

Der Showdown


Präsident Trump empfing den ukrainischen Präsidenten Selenskyj im Weißen Haus. Das Treffen eskalierte dabei völlig. Trump konfrontierte Selenskyj vor laufenden Kameras lautstark mit heftiger Kritik. Er warf ihm vor, einen dritten Weltkrieg zu riskieren und forderte mehr Dankbarkeit. Selenskyj verließ das Weiße Haus früher als geplant, eine gemeinsame Pressekonferenz gab es nicht. Ebenso entfiel die geplante Unterzeichnung eines Rohstoffabkommens.

Keine Entschuldigung Selenskijs

"Ich kann euch sagen, dass ihr die Nato vergessen könnt!" so Präsident Trump auf eine Frage zum Krieg in der Ukraine. Die lange Debatte über den Beitritt sei "wahrscheinlich der Grund gewesen, warum die ganze Sache angefangen hat." Außenminister Marco Rubio: "Und ich denke, Selenskyj sollte sich dafür entschuldigen, dass er unsere Zeit für ein Treffen verschwendet hat, das so zu Ende ging." Es habe keinen Grund für Selenskyj gegeben, derart konfrontativ aufzutreten. "Die USA wollen dem Krieg zwischen Russland und der Ukraine ein Ende setzen. Das geht nur, wenn man Russland an den Verhandlungstisch holt. Wenn man wie Selenskyj aber Kremlchef Wladimir Putin angreift, bekommt man den russischen Präsidenten nicht an den Verhandlungstisch. Selenskyj will vielleicht kein Friedensabkommen. Er sagt zwar, dass er es will, aber vielleicht will er es nicht."

Ein Lehrstück für Verhandlungskünstler

An den diplomatischen Akademien wird das Video des Showdowns zwischen Wolodymyr Selenskyj und dem Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika einst als Lehrstück dienen, was man bei Verhandlungen mit Mächtigeren keinesfalls tun sollte. Die denkwürdige Verabschiedung — mehr ein Hinauswurf — erinnert an den traurigen Song von dem einst zum Tode verurteilten Tom Dooley."....Hang down your hat, Tom Dooley..."


Kein Ja zum NATO- Beitritt

So schnell kanns gehen, wenn man sein Schicksal in die Hände der USA legt: Noch im vergangenen Jahr hatte die Nato der Ukraine zugesichert, dass sie auf ihrem Weg in das Verteidigungsbündnis nicht mehr aufgehalten werden kann. Deren Unterstützer und lokale Verbündete in Afghanistan (falls sie noch leben) können ein kummervolles Lied davon singen, was es heißt, für die Interessen der USA zu kämpfen.

Ohrfeige für die EU- Außenbeauftragte

Eine demütigende Abfuhr holte sich auch die frischgebackene EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas höchstpersönlich in Washington. US-Außenminister Marco Rubio sagte am 26. Februar ein Treffen mit Kallas ab, obwohl die frühere estnische Regierungschefin dafür von Brüssel nach Washington geflogen war. Als Erklärung wurden "Termingründe" genannt. Als mögliche Erklärung für den Eklat gilt, dass die EU zuletzt federführend war, als in der Uno- Vollversammlung eine moskaufreundliche Beschlussvorlage der US-Regierung zum Krieg in der Ukraine verhindert werden sollte.

Die Weltenherrscher zeigen ihre Macht

So etwas lässt sich der Hegemon mit neuer Starbesetzung nicht gefallen. Wie einst der fast schon verewigte Joe Biden, ist nun sein Antipode Donald das Salz dieser Erde, samt Pfeffer, Chilli und Paprika. Diese Schärfe wird in Zukunft alle diplomatischen Suppen würzen. Eine besonders heiße Bouillon ist das Gebräu rund um den Ukraine- Krieg und der damit verbundene weltpolitische Schwenk.

Der Hattrick der Amerikaner

Die Hinrichtung Selenskijs im Oval Office war der vorläufig letzte Akt einer langfristigen Strategie der USA. Diese startete bald nach dem Zusammenbruch der UdSSR, als man, gemäß dem Kalkül Zbigniew Brzezinskis einen Keil zwischen die natürlichen Partner Westeuropa und Russland trieb. Später folgte die Sprengung der Ostsee- Pipeline, welche die Versorgung durch russisches Gas erschwerte, und letztendlich der Ersatz dieser billigen Energiequelle durch teures US- Fracking-Gas, das unweltschädlich mit Riesentankern über den Atlantik geschippert wird.

Der Moskau- Beijing- Schock

Durch die US- Sanktionen, welchen sich die EU eilfertig und selbst- beschädigend anschloss, wurde Russland in die Arme Chinas getrieben. Dies ließ die Erwartungen des Westens, scheitern, Russland würde bald wirtschaftlich zusammenbrechen. Der neu entstandenen Riese war mit einemmal gefährlicher als das Brzezinski-sche Gespenst der Partnerschaft EU- Moskau.

Die Kindesweglegung

Sorgfältig verdrängt und, wie im alten Rom, aus den offiziellen "Erzählungen" gelöscht ("Damnatio memoriae, Verdammung des Andenkens") ist längst, was die eigentliche Triebfeder der russischen Aggression war: Das von den USA jahrzehntelang gefördert Vordringen der NATO an die Westgrenzen Russlands. Trotz aller Warnungen provozierte man damit das kollektive Gedächtnis und die schrecklichen Erinnerungen der Russen an Napoleon und Hitler.

Keil zwischen Russland und China

Der hektische Schwenk hin zu Russland, welchen die USA derzeit vollführen, schließt den Kreis der Strategie.

  • Der teure, nicht zu gewinnende Krieg in der Ukraine wird beendet.
  • Europa ist von russischen Energiequellen abgekoppelt.
  • Die USA treten als teurer Ersatz und Profiteur ein.
  • Die USA und Russland werden Partner auf dem Gebiet wichtiger Rohstoffe.
  • Die USA sichern sich seltene Erden in der Ukraine.
  • Russland wird damit, neben jenem Chinas, anstatt Europas Partner der USA.

Was bleibt den Europäern?

  • Teure Energie aus Übersee
  • Stagnierende Wirtschaft
  • Abzuschreibende bisherige Aufwendungen für die Ukraine.
  • Sündteure Sicherung der Ostgrenzen
  • Hunderte Milliarden für den Wiederaufbau der Ukraine
  • Eine markerschütternde Blamage vor der ganzen Welt

Ein düsteres Bild 

Der deutsche ex- Außenminister Sigmar Gabriel:

„Die Vereinigten Staaten entwickeln sich ganz offensichtlich zu einem Land, das sich von den Ideen des Westens wie Freiheit, Demokratie, Menschenwürde und der Stärke des Rechts verabschiedet hat — und damit auch von der auf diesen gemeinsamen Werten gegründeten Allianz mit Europa. Frieden scheint für den US-Präsidenten zu bedeuten, Wladimir Putin die Ukraine zu überlassen. Und das Recht des Stärkeren an die Stelle der Stärke des Rechts zu setzen. Nun erleben wir, was das bedeutet: eine amerikanische Regierung, die mit dem Schurkenstaat Russland gemeinsame Sache macht. Und das könnte erst der Anfang sein.“

Deutschland, Frankreich, Polen, Großbritannien und die skandinavischen Staaten müssten in einer gemeinsamen Sicherheits- und Außenpolitik vorangehen. „Wir werden uns nur durch Stärke und Entschlossenheit Respekt bei Trump verschaffen“, so Gabriel. „Wirtschaftliche Stärke ist hier mindestens genauso wichtig wie militärische Stärke.“

Die Stärken der Einigkeit, Geschlossenheit und kompetenten Führung ließ er freilich unter den Tisch fallen. Die aber sind das Wichtigste, in derartigen Lagen. 

Kommentare
Cato the Elder am 18.03.2025 um 16:30 Uhr:

Danke Herr Woltron, dass sie nicht davor zurückschrecken auszusprechen, was sich viele denken aber selten lesen können, und dass Sie hier ein Medium für eine gesunde Meinungsvielfalt zur Verfügung stellen. Erlauben Sie mir ein paar ergänzende, gewissenhaft recherchierte Gedanken zur Energie, denn an Energie hängt, zur Energie drängt doch alles ;-)

Abgesehen von dem Quasi-Verbot von billigem russischem Erdöl steht seit Jahren deren Erdgas in Diskussion. Dass bei den aktuellen Preisen für Energie alles wesentlich teuer wird und die Wirtschaft kracht, ist vor allem eine direkte Folge dieses europäischen Handelskrieges mit Russland, dem die österreichische Politik blind folgte - und u.a. die langfristigen Erdgasverträge mit Russland einseitig aufkündigen ließ. Damit auch der freie Markt behindert wird, hat die ukrainische Regierung nicht nur die Sprengung der NorthStream erfolgreich geduldet, sondern auch ihre eigenen Pipelinekapazitäten zur EU per Dezember 2024 aufgekündigt.
Ich sehe direkt auf die Leistungsmessungen von Erdgasspeichern, und wir hatten postwendend so hohe Entnahmen wie noch nie in einem Winter. Seit Dezember bis jetzt kommt fast alles aus Vorräten, und die Prognose für April ist 40% Speicherstand - so niedrig wie noch nie. Wie da die „Experten“ der E-Control auf eine Kapazität für weitere 2 kalte Winter kommen, ist mir schleierhaft, wir haben grad eben mehr als die gesamte der im Vorjahr eingelagerten Speichermenge aufgebraucht OHNE kalten Winter.
Die Speicher müssen über die warme Jahreszeit per Dekret wieder zu 90% befüllt werden, aber die Befüllung im Sommer wird aufgrund nun fehlender technischer Kapazitäten schwierig, von den freien Marktpreisen dafür ganz zu schweigen. Im Vergleich zu 2020 (0,9 Cent/kWh) haben wir derzeit Großhandel-Einkaufspreise um 5 Cent/kWh, bis August rechne ich mit Werten um 20 Cent/kWh Erdgas.
Was es bringt, nur auf alternative Energien zu setzen, sahen wir zuletzt auch in Deutschland. Da gingen die Preise für Strom im Dezember durch die Decke, weil tagelang Nebel und kein Wind zu einem massiven Anstieg der Stromimporte aus dem Ausland (vor allem Kernkraft-Frankreich) sowie zur komplett ausgereizten Stromproduktion aus Braunkohle und Erdgas geführt haben. Mit bis zu 100 (!) Cent/kWh warfen da etliche große Firmen das Handtuch und legten wochenlang die Produktion still, wie aus verstohlenen Berichten der Medienlandschaft zu entnehmen war.
Ein Rückgang des Energieverbrauches ist also nicht der verfehlten Klimapolitik der Europäer geschuldet, sondern schlichtweg dem Rückgang der Produktion angesichts der Preise für Energie.
Ich bringe auch gerne ein Beispiel aus Oberösterreich, wo Borealis mit dem Einsatz von über 50.000 m³ Erdgas je Stunde (!) rund um die Uhr den Grundstoff für Dünger macht, was ohne Methan nicht möglich ist. Das zahlt sich nur deshalb noch aus, weil Russland seinerseits den Export von Dünger in die EU verboten hat. Draufzahlen wird wieder der Konsument, der sich u.a. fragt, warum Lebensmittel so teuer geworden sind. Angesichts der Historie dieser selbstgemachten Probleme wirkt die heutige Ankündigung unserer Regierung, nach Lösungen für günstigerer Energie zu suchen, etwas schizophren.

Robert S. am 09.03.2025 um 13:20 Uhr:

Wie immer, lese ich die Artikel von Dr. Woltron mit großem Interesse und meist mit voller Zustimmung. Bei diesem Beitrag kann ich es mir nicht verkneifen, einige Bemerkungen dazu zu machen. Ich habe das gesamte Gespräch gesehen und würde deshalb nicht von einer Hinrichtung Selenskys sondern eher von einer Beihilfe zum Selbstmord schreiben. Die Reaktionen von Trump und Vance hat schon er provoziert denn zu Beginn bis etwa 10 Minuten vor dem unrühmlichen Ende verlief das Gespräch ordentlich.
Den anderen Punkten kann ich nur vollinhaltlich zustimmen.
Vielleicht fällt es den Lesern, die nicht so tief in die Materie des UKR Konfliktes eingedrungen sind und nur die Stellungnahmen dazu der EU-Politiker und deren Vasallen in den Redaktionen kennen leichter die Problematik zu versthen, wenn sie sich den Vortrag von Prof. Sachs vor dem EU Parlament anhörden. Die Stunde zuhören zahlt sich auf jedem Fall für alle die Interesse an der Wahrheit haben aus.
https://www.youtube.com/watch?v=u4c-YRPXDoM

Heinz Hahn am 04.03.2025 um 09:18 Uhr:

The playbooks next step plays out . The Trump administration made the next move: Sign the minerals deal and then we will negotiate a deal . I believe it's time to recognize for Starmer , Macron ,Merz and van der Leyen to recognize that they cannot insist on the territorial integrity of the Ukraine - a peace deal will have to involve loss of Easter territory to Russia.
If the Europeans and UA insist on territorial integrity then there is a good chance that Trump turns off the tap indefinitely and leaves the UA/Europe alliance to fall on their sword. In that case Russian troops will be on the UA/H border soon and Orban will wave them through to Serbia.
I am preparing an evacuation plan for my family as the Russians could via Hungary also occupy the non NATO on the fence sitting 'neutral ' Austria

Beate Stocker am 03.03.2025 um 06:38 Uhr:

Mir macht das Verhalten GB Angst, indem sie eine "Allianz der Willigen" indem die UKR entsenden wollen. Zitat: am Boden und in der Luft.