Wie nennt man jemanden, der sich selbst für den Inbegriff des Allwissenden und All-Guten hält? Der (es gibt auch weibliche Exemplare) verlangt, alle anderen mögen ihm unverzüglich nacheifern? Der dabei übersieht, dass fast alles von dem, was er anpreist, bei ihm zu Hause im Argen liegt und ein jämmerliches Bild abgibt? Narzisst? Wichtigtuer? Moralapostel- oder gar größenwahnsinnig?

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Zwei von dieser Sorte gibt es, und beide maßen sich an, die zivilisierte Welt samt westlichen Werten und der Demokratie zu verteidigen. Der eine ist- erraten! Donald Trump, der gerade die US- Strategie auf Kosten des Rests der Welt verschärft. (Die Europäer mögen gefälligst die Kosten für seine Weltherrschaft übernehmen).

Wer aber könnte der oder die zweite in diesem tugendhaften verlogenen Bund sein? Es sind die EU- Staatenlenker, die gerade von ihren einstigen Untertanen vom Thron gestürzt werden sollen.

Der globale Süden erhebt sich.

Der Staatenbund BRICS wurde 2006 gegründet, um die Dominanz des Westens herabzumindern. Die Gruppe umfasst Brasilien, Russland, Indien, China, Südafrika, Ägypten, Äthiopien, Indonesien, Iran, Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate- 3,9 Mrd. Menschen oder 48,7% der Weltbevölkerung.

Der brasilianische Präsident und Gipfel-Gastgeber Luiz Inácio Lula da Silva beklagte in der Eröffnungsrede zum BRICS- BRICS-Gipfel am 6. Juli in Rio de Janeiro einen „beispiellosen Zusammenbruch des Multilateralismus“. Zudem wiederholte er seinen Vorwurf gegen Israel, einen „Völkermord“ zu begehen. Die Teilnehmer kritisierten die westliche Dominanz und forderten eine multipolare Weltordnung. „Die USA sind überfordert – eine neue Weltordnung entsteht“, sagte der renommierte Politikwissenschafter Herfried Münkler bereits 2024. „Die USA und die EU auf der Bank der Demokraten, Russland und China auf der Bank der Autoritären. Und weil solche Systeme in der Regel am besten funktionieren, wenn es noch einen Fünften dabei gibt; Indien.“

Mit etwa 40 % des globalen BIP und fast der Hälfte der Weltbevölkerung wird die BRICS-Gruppe als potenzielles Gegengewicht zu westlichen Institutionen wie der G7 und der NATO wahrgenommen.

Die Imperatoren wehren sich

Die üblichen Verdächtigen reagierten teils beleidigt, teils aggressiv. Trump drohte mit zusätzlichen Strafzöllen für BRICS- Sympathisanten. „Jedes Land, das sich der antiamerikanischen Politik der BRICS anschließt, wird mit einem zusätzlichen Zoll von 10% belegt“. Großbritannien sieht BRICS als potenziellen Rivalen, Frankreich betrachtet die BRICS-Erweiterung ebenfalls als Herausforderung für die westliche Dominanz. Deutschland bevorzugt- recht vage- eine proaktive Annäherung an BRICS-Länder, die nicht explizit antiwestlich sind.

Österreich muss sich auf eine Welt einstellen, in der politische Risiken wieder zum entscheidenden Faktor wirtschaftlicher Entscheidungen werden. (Herfried Münkler am Industriekongress 2025).

Was will der Rest der Welt?

Staaten, die weder G7- noch BRICS-Mitglieder sind, nehmen unterschiedliche Positionen gegenüber BRICS ein. etwa 41,4 % der Weltbevölkerung.Viele Länder des Globalen Südens, wie Algerien, Nigeria oder Thailand, zeigen Interesse an einer Mitgliedschaft oder engeren Zusammenarbeit, da sie BRICS als Alternative zur westlichen Dominanz sehen. Andere, wie Mexiko oder die Türkei, bleiben neutral oder vorsichtig, um geopolitische Spannungen zu vermeiden. Es gibt keine einheitliche Haltung, da Interessen je nach Region und Politik variieren

Doppelmoral und Selbstüberschätzung

Der Westen übt sich weiter in selbstgefälliger Arroganz. „Das ist die Drecksarbeit, die Israel macht für uns alle“! so der ehemalige Blackrock-Manager und heutige deutsche Bundeskanzler Merz zu den israelischen Angriffen auf den Iran und die Tötung zahlreicher Zivilisten. „Zur Außenpolitik gehört nicht nur Diplomatie, sondern auch analytische Klarheit.“ Diese „Klarheit“ im Umgang mit zwar subjektiv verständlichen, aber eindeutig völkerrechtswidrigen Aktionen wird das Ansehen von Herrn Merz bei der der Hälfte der Menschheit nicht gerade verbessern. Es erinnert ein wenig an den berüchtigten Hunnen-Sager Wilhelm des Zweiten (1900):
„…… wie vor tausend Jahren die Hunnen unter ihrem König Etzel sich einen Namen gemacht, der sie noch jetzt in Überlieferung und Märchen gewaltig erscheinen lässt, so möge der Name Deutscher in China auf tausend Jahre durch euch in einer Weise bestätigt werden, dass es niemals wieder ein Chinese wagt, einen Deutschen scheel anzusehen!“

Das selbst verschuldete Dilemma des Westens


Der Kampf gegen den vom Westen provozierten Zusammenschluss Chinas und Russlands- die Sanktionen gegen Russland trieben diesen riesigen, rohstoffreichen Staat in die Arme des bevölkerungsreichsten, technologisch und militärisch schnell aufstrebende Landes der Welt- besorgt den Westen nun zutiefst. Donald Trump treibt die Europäer mit Macht dazu, den Teil der aktuellen Aktivitäten der USA in der NATO zu übernehmen, um sich auf den Pazifik- konzentrieren zu können.

Um die europäische Bevölkerung für dieses sündteure Projekt gefügig zu machen, trompetet man einen angeblich bevorstehenden Angriff Russlands auf Europa auf allen Kanälen aus. NATO-Chef Mark Rutte warnt gar vor einem Dritten Weltkrieg: „Putin und Xi schlagen zeitgleich los!“ Chinas Außenminister Wang Yi zur EU- Außenbeauftragter Kaja Kallas glasklar: „China will eine Niederlage Russlands nicht“.

Horsetrader gegen Schachspieler

Es stehen einander Kontrahenten mit grundverschiedenen Haltungen gegenüber. Der Stil Donald Trumps ähnelt dem eines Pferdehändlers.

Xi hingegen spielt elegantes strategisches Schach und wird vom Außendecker Wladimir dabei unterstützt.

Macron und Merz schlagen narzisstische Pfauenräder. Die Filialleiter in den Regierungen der Mitgliedsländer werden gewählt, sind aber durch zahllose EU- Regeln fast handlungsunfähige Popanze. In Brüssel herrscht eine ungewählte Kamarilla, gedeckt durch eine wohlfeile Richterschaft. Resultat: Eine mühsam behübschte Scheindemokratie.

Wie sagte doch einst Abraham Lincoln (er wurde bald darauf ermordet) in Gettysburg?

„Demokratie ist Regierung des Volkes, durch das Volk und für das Volk“.

Das war am 19. November 1863. Ist lang her.