Eingangsbemerkung…..

Den Videokommentar auf Youtube gibts erst heute, Sonntag, nachmittags – sorry, die Ereignisse haben sich ja ziemlich überschlagen….

Die Propheten

Was wurde nicht alles prophezeit, in der letzten Woche! Die Glaskugeln glühten in den Redaktionen, Fernsehstudios und Chatforen. Einige der veröffentlichte Meinungen……….

„Der amerikanische Präsident will mit dem russischen Amtskollegen über einen Waffenstillstand sprechen. Dazu sei wohl auch ein Austausch von Gebieten notwendig, sagte Trump. Selenski weist den Vorschlag zurück.“ (NZZ).

„Putins Invasion ist ein totaler Fehlschlag. Ukraine muss nicht zwingend am Treffen teilnehmen, aber echte Garantien sind essenziell; territoriale Abtretungen werden abgelehnt. (Robert O´Brien, ehemaliger US-nationaler Sicherheitsberater unter Trump).


„Das Treffen gibt Putin internationale Anerkennung, obwohl er isoliert ist (ICC-Haftbefehl). Er will die Verhandlungen nur ausdehnen, um Zeit zu gewinnen.“ (Stephen Hall, Professor für Politikwissenschaft, University of Bath (UK)


Arseniy Yatsenyuk, ehemaliger ukrainischer Premierminister und Gründer der Open Ukraine Foundation, warnt vor verfassungswidrigen Gebietsabtretungen; fordert Druck auf Russland und Einbeziehung der Ukraine.


Moskauer Komsomolze: „Zwickmühle für Kiew. …. Wenn die Regierung Selenski einen Friedensvorschlag annimmt, begeht sie politischen Selbstmord. Wenn sie ihn ablehnt, wird sich Trump endgültig von der Ukraine abwenden.“


„Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj wies am Samstag die Idee einer Landabtretung der Ukraine an Russland rundweg zurück, nachdem Präsident Trump angedeutet hatte, ein Friedensabkommen zwischen der Ukraine und Russland könne einen Gebietstausch beinhalten.“ (NYT)


„Die Ukrainer werden ihr Land nicht dem Besatzer schenken“, sagte Selenskyj in einer Videoansprache aus seinem Büro in Kiew, mehrere Stunden nach Trumps Äußerungen, die die Rolle der Ukraine in den Verhandlungen offenbar außer Acht ließen.


„Anyone who claims to know what took place in detail is smoking the New York Times.“ (Substack)

Das Ergebnis

Untersucht man die Ereignisse der vergangenen Nacht genau, so bleibt eine wesentliche Erkenntnis: Die meisten „Experten“ und ihre Nachbeter haben sich gründlich verrechnet: Sie sollten ihre Glaskugeln bei den diversen Altglas-Sammelstellen einwerfen. Aber sie werden diese weiter dringend brauchen: Es bleibt weiter alles in Schwebe

NZZ

Als Putin auf dem Ted Stevens International Airport in Anchorage ankam, flog ein B-2-Stealth-Bomber über über ihn hinweg, flankiert von von Kampfjets. Trump lud Putin ein, mit ihm in der gepanzerten Präsidentenlimousine zum Ort des Treffens zu fahren. Die beiden lachten und sprachen herzlich miteinander im „Beast“ (Bestie) genannten Gefährt.

CNN

In der folgenden Pressekonferenz gab man sich optimistisch. Putin bezeichnete Trump als „lieben Nachbarn“, mit dem er Geschäfte machen kann. „Präsident Trump und ich haben einen sehr guten, geschäftlichen und vertrauenswürdigen Kontakt aufgebaut“, sagte er. „Es gab viele, viele Punkte, auf die wir uns geeinigt haben – die meisten davon, würde ich sagen“, so Trump. „Ein paar große, die wir noch nicht ganz erreicht haben, aber wir haben einige Fortschritte gemacht.“ Putin bezeichnete Trump als „lieben Nachbarn“, mit dem er Geschäfte machen kann. „Präsident Trump und ich haben einen sehr guten, geschäftlichen und vertrauenswürdigen Kontakt aufgebaut“.

Trump: „Ich kann Ihnen sagen, das Treffen war ein sehr freundschaftliches Treffen“. „Weißt du, er ist ein starker Kerl, er ist verdammt hart in all dem …. Ich denke, wir sind ziemlich nah an einer Einigung. Jetzt sehen Sie, die Ukraine muss dem zustimmen.“ (Fox News).

Putin: Sein Land sei ehrlich an einem Ende des Konflikts interessiert. Aber dafür müssten zunächst „die ursprünglichen Gründe der Krise» beseitigt werden“: Jede dauerhafte Lösung müsse „die Ursachen des Krieges“ ansprechen- Bedingungen, die für den Westen inakzeptabel sind, einschließlich einer Rückführung der NATO und der Neutralisierung der Ukraine.

The Pioneer

„Wir werden sehr bald mit Ihnen sprechen und Sie wahrscheinlich sehr bald wiedersehen“, sagte Trump. „Nächstes Mal in Moskau!“ antwortete Putin.

Zu einem möglichen endgültigen „Deal“ betonte Trump, dass die Ukraine „dem zustimmen muss“. Auf die Frage, was sein Rat für Selenskij sei, antwortete Trump: „Er muss einem Deal zustimmen“.

Zusammenfassend….

Das Treffen war ein symbolischer Erfolg für Putin. Er trat aus der internationalen Isolation , während Trump sich als Friedensstifter profilierte.

Er werde nun die europäischen Regierungschefs und den ukrainischen Präsidenten über die Ergebnisse informieren, erklärte der amerikanische Präsident. Diese müssten am Ende damit einverstanden sein, was er mit Moskau besprochen habe. „Jetzt liegt es wirklich an Selenski, es fertig zu bringen. Und auch die Europäer müssen ein bisschen involviert werden.“ Über mögliche Sanktionen gegen Russland müsse er in den nächsten zwei bis drei Wochen nicht mehr nachdenken.

Die Vorgeschichte

Vor einer Woche dominierten vorsichtige bis pessimistische Einschätzungen. Optimisten hofften auf Waffenstillstand, Pessimisten auf Eskalation. 60% der US-Bürger wollen ein Ende des Kriegs, aber ohne US-Zugeständnisse. Der Ort des Treffens- Anchorage im US-Bundesstaat Alaska – ist symbolträchtig: Das riesige Land wurde 1867 um den Spottpreis von 7,2 Mio. $ (heutige Kaufkraft: etwa 152 Mio. $) von Zar Alexander II an die USA unter Präsident Andrew Johnson verkauft.

Später fand man dort, in Klondike und anderswo, riesige Mengen an Gold. Der Rush ist legendär.

Zar Alexej II (Wikipedia)
Andrew Johnson (Wikipedia)
Nuggets aus Klondike

Affront und Aufregung

Den Hauptbetroffenen, Ukraine- Präsident Wolodymyr Selenskyj, lud man erst gar nicht ein- ein Bekenntnis zur Tatsache, dass die Ukraine nur eine Figur im weltpolitischen Schach zwischen den großen Spielern darstellt. Auch den „üblichen Verdächtigen“ in den europäischen Hauptstädten, die zeternd und gackernd am Rande des Global Chessboard (© Zbigniew Brzeszinski) auf-und abliefen, zeigte man die kalte Schulter.

Zwei Tage vor dem Treffen übermittelten die europäischen Staatschefs dem US-Präsidenten eine aus der Hüfte geschossene Stellungnahme. Deren Inhalt liest sich wie eine höchst unrealistische Provokation:

  • Die Ukraine muss bei allen Verhandlungen nach dem Trump-Putin-Gipfel am Tisch sitzen.
  • „Ein Waffenstillstand muss am Anfang stehen“ (Kanzler Merz)
  • Die Ukraine ist zu Verhandlungen über territoriale Fragen bereit, jedoch nur auf Basis der aktuellen Frontlinie (Kontaktlinie). Eine rechtliche Anerkennung russischer Besetzungen wird ausgeschlossen.
  • Kiew soll „robuste Sicherheitsgarantien“ erhalten, die ukrainischen Streitkräfte müssen verteidigungsfähig bleiben.
  • Sollte Putin in Alaska keinen Waffenstillstand akzeptieren, drohen neue Sanktionen und verstärkte Maßnahmen.

Ohne die Macht zu haben, ihre Forderungen auch durchzusetzen, maßten sich die Europäer eine Rolle an, die ihrem Potenzial nicht entspricht: Die Mäuse brüllen.

Einzig EU-Paria Viktor Orbán in Budapest bekräftigte die Tatsache, dass die Zukunft Europas von den USA und Russland ohne europäische Beteiligung gestaltet werde. Er formulierte es drastisch: „Wenn man nicht am Verhandlungstisch sitzt, steht man auf der Speisekarte.“

Reaktionen und Ausblick

  • Die Sicherheit Europas steht laut EU-Chefdiplomatin Kaja Kallas „nicht zur Verhandlung“
  • Europäische Staatsführer (Macron, Merz, Starmer und Giorgia Meloni) veröffentlichen eine Erklärung „Man wolle die Ukraine weiter unterstützen und den Druck auf Russland aufrechterhalten.“
  • Meloni lobt das Ergebnis des Gipfels in einer separaten Erklärung. Sie spricht von einem «Hoffnungsschimmer» für Friedensgespräche zwischen Russland und der Ukraine.

Trump riet indessen Selenski in einem Interview (Fox News) zu einer Einigung mit Putin.

„Russland hat viel Macht– die Ukraine nicht!“

Trump hat die heiße Kartoffel an Europa und Selenskij weitergespielt. Er kann sich in den nächsten Wochen zurücklehnen, dem zu erwartenden Tohuwabohu in Europa erste Reihe fußfrei zusehen und die Schuld am fortgesetzten Blutbad Selenskij, den Europäern samt und dem russischen Präsidenten zuschieben. Schon am Montag kommender Woche wird er Selenskij in Washington empfangen.

Wie immer sich die Lage weiter darstellen wird: Die Europäer dürfen reden und zahlen, die Ukrainer weiter bluten. Die beiden Großen aber werden die Marionetten weiter tanzen lassen.